Schulen in der Bonner Nordstadt:
Nordschule - Marienschule - Karlschule
Skizzen zu einer Führung anlässlich des Tages des offenen Denkmals am 9. September 2001 unter dem Motto "Schule als Denkmal - Denkmal als Schule"
Einleitung
Mehrere Schulen habe am heutigen Tag des offenen Denkmals, der unter dem Motto steht: "Schule als Denkmal, Denkmal als Schule", ihre Türen für die Allgemeinheit geöffnet, vor allem die renommierten Gymnasien Godesbergs. Die Nordstadt war nicht das Viertel der "betuchten" Bonner und Bonnerinnen; das spiegelt sich auch in der Schullandschaft wider:
Höhere Schulen, Töchterpensionate, die Godesberg zu Beginn des 20. Jahrhunderts den Beinamen "Schulstadt" eintrugen, gab es hier nicht; dafür aber eine ganze Reihe von Volksschulen, die bis in die 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts hinein die Schulen waren, die von dem größten Teil der Bevölkerung besucht wurden, zunächst in siebenjähriger Schulzeit, dann langsam ausgedehnt bis zur zehnjährigen Form in der heutigen Zeit. Wir als Geschichtswerkstatt, die ihr Augenmerk auch immer auf das Leben der "kleinen Leute" richtet, hielten es daher auch für wichtig, am heutigen Tag, gerade diesen Schulen unsere Aufmerksamkeit zu widmen.
1. Station: Nordschule
"Mit Spannung und Freude betraten die Kinder das neue Schulgebäude. Es war im Stil der Jahrhundertwende aus rotem Backstein erbaut, überragte mit seinem Türmchen und den Zinnen weithin das nordwärts noch völlig unbebaute Stadtgebiet und galt als die modernste Volksschule weit und breit. Die Leute lauschten staunend dem hellen Glockenklang der Schuluhr, die groß und klein zur Pünktlichkeit mahnte. Die Klassenräume von ca. 60 qm Bodenfläche hatten hohe, dreiteilige Fenster und Linoleumböden, auf denen für Bonn erstmalig Zweisitzbänke in Dreierreihen standen. Treppenhaus und Flur waren breit und luftig mit freundlichen Fliesen sauber belegt. Die guteingerichtete Schulküche, die wohlausgestattete Turnhalle, der neuzeitlich eingerichtete Zeichensaal im 2. Stock und nicht zuletzt das Schulbad mit seinen Brausezellen erhöhten Arbeitsfreude und Lerneifer."
Mit diesen Worten beschreibt der Chronist der Nordschule das neue Gebäude, das am 21. April 1903 nach knapp zweijähriger Bauzeit als Nordschule eröffnet wurde. Das Wachstum der Bevölkerung Bonns, insbesondere die Expansion der Nordstadt, hatte den Neubau einer weiteren Volksschule erforderlich gemacht: Im Jahre 1890 belief sich die Zahl der Einwohner auf rund 40 000, zehn Jahre später auf gut 50 000. So beschloss die Stadtverordnetenversammlung im Jahre 1901, dieses Grundstück, das der Armenverwaltung gehörte, für den Bau der Schule zu erwerben , die die Wilhelmschule - bis 1898 Freischule - entlasten sollte. Die nämlich "platzte aus allen Nähten". Nach den Osterferien - damals noch Versetzungstermin - versammelten sich auf dem Schulhof der Wilhelmschule die Mädchen und Jungen, die dem neuen Schulbezirk zugeordnet wurden, und wurden zu ihrer neuen Schule "geleitet".
Bei ihrer Eröffnung zählte die neue Schule 789 Kinder in 14 Klassen. Die Division ergibt, dass auf jede Klasse im Schnitt 56,3 Kinder kamen. Natürlich waren die Kinder streng nach Geschlecht getrennt, woran die Beschriftungen über den Eingängen noch heute erinnern. Die Knaben, wie man damals sagte, waren leicht in der Überzahl: 401 insgesamt in den Klassen 1 -7 (die Volksschule endete nach der 7. Klasse), die Mädchen 388.
Der Schulbezirk umfasste das Gebiet von der Wachsbleiche / Breite Straße im Süden, Wolfstr. / Im Krausfeld im Westen, die Vorortsgrenze von Grau-Rheindorf im Norden. Als die Karlschule, zu der wir später kommen, gegründet worden war, verschob sich die Westgrenze nach Osten und verlief an der Peterstr. /Georgstr.
Der Chronist berichtet des Weiteren, dass das neue Schulhaus in jeder Beziehung allen Anforderungen der Neuzeit entsprach. Als Vorzeigeschule wurde sie den Teilnehmern eines Kongresses für Gesundheitspflege, der Pfingsten 1903 in Bonn stattfand, vom Stadtbaurat persönlich stolz präsentiert. Besondere Beachtung fanden die hygienisch modernen Einrichtungen, auch die Brausezellen. Es ist zu bedenken, dass die Wohnungen in der Nordstadt in der Regel sehr beengt waren, Badezimmer waren in der Regel nicht vorhanden, so dass die Schule mit ihren Duschgelegenheiten das ersetzte, was zu Hause fehlte. Die Schule erfüllte somit auch einen "hygienischen Auftrag".
Die Stadtväter waren von dem Neubau so begeistert, dass der Schulrat anordnete, die städtischen Lehrerkonferenzen im großen Zeichensaal stattfinden zu lassen.
Ein Wort noch zu den Lehrern und Lehrerinnen, die zu Beginn hier unterrichteten. Zu Beginne waren es 7 Lehrer, einschließlich des Rektors Michael Zender, die die Knaben unterrichteten, und 7 Lehrerinnen, darunter die erste Rektorin, anfangs noch sogenannte Hauptlehrerin, Fräulein Helene Koch. Ich betone das Fräulein, denn die Lehrerinnen selbstverständlich unverheiratet.
Einer der Lehrer wurde später mit einem Straßennamen geehrt: Peter Ruster, nach dem die Straße benannt ist, die parallel zur Graurheindorfer Straße die Nordstraße mit dem Kaiser-Karl-Ring verbindet. Sie liegt innerhalb einer Siedlung der Wohnbau AG, die zu Beginn der 50er Jahre gebaut wurde. Peter Ruster war hier von 1903 bis 1913 Sportlehrer, und seine Vorlieb galt dem Schlagballspiel. In dieser "Disziplin" gab es zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch Schulmeisterschaften, aus denen die Nordschule wiederholt als Siegerin hervor ging. Die Jungen der Nordschule bildeten im Jahre 1911 den Kern des neu gegründeten Turn- und Spiel-Clubs (TSC) Nordstern. In den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg galt Bonn als Schlagballhochburg.
Als Lehrerin möchte ich - auch aus persönlichen Gründen - das Fräulein Huppertz hervorheben, die an dieser Schule von 1927 bis 1945 unterrichtete. Die persönlichen Gründe liegen darin, dass ich in der Husarenstraße in dem Haus wohne, das Fräulein Huppertz 1929 erbauen ließ. Aber das nur am Rande: Fräulein Huppertz hat sich über den Unterricht hinaus sehr engagiert; sie war in den 20er Jahren Sportwart der Stadt Bonn und organisierte über Jahre hinweg in ihren Ferien Freizeiten für bedürftige Kinder.
Ich möchte jetzt nicht die gesamte Geschichte dieser Schule aufrollen, aber doch zwei Ereignisse hervorheben, die den schulischen Alltag massiv beeinflussten: die beiden Weltkriege.
Gleich zu Beginn des Ersten Weltkriegs wurde die Schule 5 Wochen lang von militärischen Dienststellen belegt. In den folgenden Jahren trat der Unterricht in den Hintergrund oder entfiel zeitweise gänzlich. Statt dessen wurden die Kinder "an der Heimatfront" eingesetzt und für den Krieg missbraucht. Der Schulchronist berichtet über "Sammlungen von Kupfer und Zink, von Wolle und Leinen, von Brennesseln und Obstkernen, .. Zählungen von Kartoffel-, Mehl- und Getreidevorräten, ... Zeichnen der Spargroschen für Kriegsanleihen und Nagelung der Arndt-Eiche". Diese Arndt-Eiche war das Bonner Kriegswahrzeichen, das im Dezember 1915 mit großem Pomp auf dem Münsterplatz enthüllt wurde. Bonner und Bonnerinnen konnten eiserne, silberne und goldene Nägel erwerben und nach entsprechender Bezahlung in das Holz einschlagen. Es konnten auch Eichenblätter und Adlerfedern und Metallplatten mit Widmung gestiftet werden. Der Erlös sollte den Witwen und Waisen der gefallenen Soldaten zu Gute kommen. Und an diesen sogenannten Nagelungen beteiligten sich auch ganze Schulklassen im Rahmen einer "kleinen patriotischen Feier mit Gesang, Deklamationen und Kaiserhoch", wie es der Chronist formulierte. An anderer Stelle, in der Chronik der Marienschule, zu der Zeit noch Schule an der Heerstraße, wird die Verrohung der Schuljugend beklagt, die Zunahme von "wüsten Kriegsspielen", von Diebstahl, Straßenkämpfen ... Nach dem Krieg blieb die Nordschule 1 1/2 Jahre geschlossen.
Über den Einfluss des Nationalsozialismus in den Schulen erfährt man in der Chronik der Schule nichts. Zeitzeugen berichten: Wie stark die Kinder indoktriniert wurden, hing sehr stark von der einzelnen Lehrerpersönlichkeit ab, aber auf jeden Fall war der nationalsozialistische Staat in den Schulen massiv präsent. Es gab einen Schuljugendwalter und einen Beauftragten der HJ. Die HJ - sie hatte seit 1937 in der Nordstraße ein Heim - führte Werbeveranstaltungen in den Schulen durch, und die Angehörigen der HJ mussten für Veranstaltungen vom Unterricht befreit werden. Die Rektoren waren verpflichtet, die Zahl der in Jungvolk, Hitlerjugend, Jungmädel und Bund Deutscher Mädel organisierten Schülerinnen und Schüler an den Oberbürgermeister weiterzuleiten.
Im Zweiten Weltkrieg wurde die Nordschule von Bombenangriffen wenig betroffen, aber Unterrichtsausfall war die Regel. Nach dem Krieg war es mit dem Schulbesuch dann gänzlich vorbei: Zunächst besetzten amerikanische Soldaten das Schulgebäude, die im Juli von Briten abgelöst wurden, als die Besatzungsgebiete neu geregelt wurden.
Erst im Oktober wurde die Schule wieder geöffnet, arbeitete aber in Wechselschicht mit der Emilie-Heyermann-Schule zusammen: In 18 Klassenräumen mussten bis in die 50er Jahre hinein die beiden Volksschulen mit 18 Klassen - immer noch getrennt in Jungen- und Mädchenklassen - und 13 Klassen der Realschule beherbergt werden. Das bedeutete: 4 bis 5 Kurzstunden für jede Schicht über den Tag verteilt.
Heute ist im Hauptgebäude die Gemeinschaftshauptschule Am Römerkastell mit gut 300 Schülerinnen und Schülern untergebracht, in einem Nebengebäude die Katholische Grundschule Bonn-Nord.
2. Station: Marienschule
Man sieht es ihr nicht an, aber die Marienschule ist die älteste Schule in der Nordstadt. Als Schule an der Heerstraße wurde sie 1879 fertig gestellt, als die Bevölkerungszunahme in diesem damals neuen Stadtteil neben anderen Infrastrukturmaßnahmen auch den Bau einer Schule erforderlich machte. Das Foto zeigt das Schulgebäude im 19. Jahrhundert. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Schule stark beschädigt, insbesondere durch den Bombenangriff am 28. Dezember 1944. Ein Foto aus dem Jahre 1954 lässt die Veränderungen erkennen. 1959 wurde das Gebäude von Grund auf renoviert und beherbergt heute neben der katholischen Grundschule die Stadtbildstelle.
Als die Schule an der Heerstraße 1879 bezogen wurde, war sie noch im Bau befindlich und bot Raum für 4 Klassen. In den folgenden Jahren wurde sie kontinuierlich ausgebaut, bis sie 1892 in 16 Klassenräumen Platz für 450 Knaben und 449 Mädchen bot. Auch hier zitiere ich wieder den zeitgenössischen Betrachter: "Die Heerstraßenschule selbst ist ein prachtvolles Gebäude, das dem Erbauer alle Ehre macht. Es liegt fast auf der nördlichen Seite der Heerstraße nach der Straße hin durch eine Mauer und ein hohes Gitter abgetrennt. Sie hat zwei Eingänge, einen für die Knaben und einen für die Mädchen. Um den Spielplatz freundlich zu gestalten, wurden Strauchanlagen gemacht, und die westliche und östliche Seite mit Linden bepflanzt, zum Schutz gegen die Sonne. Auf dem Spielplatze befinden sich an der Knabenseite die Turngeräte."
Ein schönes Schulgebäude allein reichte aber anscheinend schon damals nicht aus, um die Kinder zum regelmäßigen Schulbesuch zu veranlassen. Die Chronik der Mädchenschule vermerkt: "Kurz vor Weihnachten 1892 machte der Herr Schulinspektor uns die Mitteilung, daß von jetzt an die Schülerinnen, welche wiederholt ohne Entschuldigung fehlten, durch die Polizisten der Stadt herbeigeholt werden sollten. Es wurden gedruckte Formulare übergeben, welche auszufüllen und an den Herrn Polizeirat weiter zu geben sind, dieser besorgt dann das Weitere. Durch diese Anordnung, welche von allen Lehrerinnen mit Freude begrüßt wurde, ist der Schulbesuch ein bedeutend besserer geworden."
Stärker noch als die hohen Fehlquoten hatte die Lehrer und Lehrerinnen die Tatsache beunruhigt, dass es in der Nähe der Schule keine Kirche gab. Für die Andachten mussten die Kinder bis zur Stiftskirche laufen, was auch den Eltern Sorgen machte. Es wurde bereits in den 80er Jahren ein sogenannter Marienbauverein gegründet, der Gelder sammelte, Sponsoren - würde man heute sagen - warb, Konzerte veranstaltete. Die Einnahmen waren so beträchtlich, dass 1886 ein Gründstück für den Bau einer Kapelle erworben werden konnte. Dann aber tauchte ein Wohltäter auf, der Hersteller des Likörs "Alter Schwede", der, da kinderlos, sein ganzes Vermögen zur Verfügung stellte, so dass man statt einer kleinen Kapelle nun eine große Kirche, nämlich die Marienkirche hier in unmittelbarer Nähe, erbauen lassen konnte. 1892 wurde die Kirche fertiggestellt. Die Lehrpersonen waren übrigens verpflichtet, die Kinder auch beim Gottesdienst an Sonn- und Feiertagen zu beaufsichtigen.
Als die Marienkirche 1924 zur Pfarre erhoben wurde, erhielt die Schule an der Heerstraße als ihre Stammschule den Namen Marienschule.
Auch auf diese Schule hatten die beiden Kriege entscheidenden Einfluss: Klassenräume wurden belegt, zeitweise wurde die Schule geschlossen, die Kinder wurden für die bereits beschriebenen Aktivitäten eingesetzt. 1920 wurde die Schule von Besatzungssoldaten in Beschlag genommen; zweimal musste sie alle Schüler und Schülerinnen der Karlschule aufnehmen, die von Besatzungssoldaten belegt wurde. Die Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg wurden bereits erwähnt.
Bei der Lektüre der Schulchronik fällt auf, wie oft der Gesundheitszustand der Schülerinnen und Schüler thematisiert wird, insbesondere während des Ersten Weltkriegs und in der Nachkriegszeit. Verantwortlich waren nicht nur die beengten Wohnungen, die mangelhafte Hygiene, sondern auch die schlechte Ernährung. Diese Umstände führten zu einer Zunahme der Tuberkuloseerkrankungen, die auch die Stadtverordneten beunruhigte. 1919 trat der Stadtverordnete Schmidt für ein Projekt ein, das schon vor dem Krieg geplant, dann aber in der Kriegszeit nicht realisiert werden konnte: die Errichtung einer Freiluftschule im Bonner Norden.
Die Idee der Freiluftschulen gab es bereits am Ende des 19. Jahrhunderts als Alternative zur Kinderverschickung, die mit allerlei Nachteilen verbunden war. Freiluftschulen sollten vor Ort errichtet werden, Unterricht und Bewegungsspiele in frischer Luft ermöglichen sowie nahrhafte Speisen bereitstellen. Sie sollten insbesondere Schulkinder mit allgemeiner Körperschwäche und Veranlagung zu Lungenkrankheiten für acht Wochen während der Zeit vom 1. April bis zum 15. November aufnehmen. Die erste Freiluftschule in Bonn wurde 1919 in der Nähe der Kölnstraße eingerichtet; 1932 wurde sie aus finanziellen Gründen geschlossen. Eine zweite Freiluftschule wurde 1923 in Dottendorf eingerichtet.
3. Station: Karlschule
Die jüngste Schule der Nordstadt ist die Karlschule. Ihre Wurzeln reichen allerdings zurück in das frühe 19. Jahrhundert, als das Rheinland preußisch wurde und evangelische Bürger in das vormals katholische Bonn zogen. Deren Kinder brauchten natürlich eine eigenen Schule, denn die schulischen Erziehung war streng nach Konfessionen getrennt. 1818 wurde die evangelische Stadtschule "Am Kleinhöfchen", am heutigen Martinsplatz, gegründet, die im Laufe der Zeit der wachsenden evangelischen Bevölkerung nicht mehr Rechnung tragen konnte. So wurde 1909 die Karlschule, benannt nach Karl dem Großen, eröffnet, vom Chronisten überaus gelobt: "Es entstand ein Schulpalast, der wohl das modernste und zweckmäßigste darstellte, was man sich unter einer Schule denken kann. Helle, luftige, wohlverteilte Schulsäle, eine Kochschule für Mädchen, zweckmäßige Brausebäder, eine schöne Turnhalle, ein großer Zeichensaal, der auch als Aula dienen kann, das alles sind Vorzüge, die man in dieser Harmonie vereint wohl kaum in einer Schule findet." Betrachtet man ein altes Foto, so erscheint das Gebäude äußerlich wenig verändert.
1910 wurde in dem neuen Schulgebäude zusätzlich eine katholische Volksschule untergebracht. Die Kriegjahre hatten einen ähnlichen Einfluss auf das Schulleben wie auch andernorts: Die Mädchen fertigten Kopfschützer, Leibbinden, Kniewärmer Strümpfe und Wolljacken für die Kriegshelden an, die Jungen sammelten Metalle, Lumpen, Flaschen, Lederabfälle und andere verwertbare Rohstoffe.
Nicht nur in den Kriegsjahren kam der Unterricht zu kurz. In der Nachkriegszeit wurde die Karlschule abwechselnd von Engländern und Franzosen beschlagnahmt, der Unterricht in andere Schulen ausgelagert. Nur wenige Jahre nachdem sich nach dem Abzug der Besatzung 1926 die Situation wieder normalisiert hatte, begannen Nationalsozialismus und Krieg. Der neue Rektor der evangelischen Schule war Kreisverwalter des NS-Lehrerbundes und förderte als solcher den Einfluss der Hitlerjugend. Vergleicht man den Organisationsgrad an der Karlschule mit dem an anderen Volkschulen der Nordstadt, so fällt auf, dass der Anteil an dieser Schule höher war. Für den 8. Januar 1935 geben die Akten folgenden Stand: Von 183 Schülern beispielsweise waren 144 im Jungvolk (Jungen von 10 bis 14 Jahre) und der HJ (Jungen von 14 bis 18 Jahren) organisiert, während es an der Marienschule "nur" 87 von 162 und an der Nordschule 70 von 172 waren. Diese amtlichen Zusammenstellungen sind allerdings mit Fragezeichen zu versehen, denn die ebenfalls erhaltenen handschriftlichen Meldungen der Schulleiter weisen erhebliche Abweichungen auf, insbesondere was die Gesamtzahl der Schüler angeht.
1939 wurden die konfessionellen Schulen im Gebäude aufgelöst und bis Kriegsende in zwei nach Geschlecht getrennte Gemeinschaftsschulen umgewandelt. Nach Bombenschäden wurde 1943 der Unterricht in die Marienschule verlegt. Im September 1945 konnte der Unterricht wieder aufgenommen werden, allerdings auch hier in Schichtbetrieb.
Die Situation verschärfte sich, als 1949 die Pädagogische Akademie in 12 gerade renovierte Räume einzog, denn die musste ihr eigenes Gebäude dem deutschen Bundestag zur Verfügung stellen. So gab es noch neun weitere Jahre Schichtunterricht am Vormittag und am Nachmittag.
1968 wurde generell die alte Volksschule in Grund- und Hauptschule aufgeteilt. Das wirkte sich auch auf die Karlschule aus: Die zunächst weiter bestehende Hauptschule hieß Kaiser-Karl-Schule, während die Grundschule 1973 den Namen Gemeinschaftsgrundschule Kopernikus erhielt.